Pädagogik

Sehr geehrte Damen und Herren, herzlich willkommen im pädagogischen Teil meiner Webseite!

Warum wurde ich eigentlich Pädagoge? Warum spielt meine eigene künstlerische Karriere nicht mehr so eine entscheidende Rolle?

Schon in meiner Kindheit war das Singen für mich sehr wichtig. Ich habe früh verstanden, dass Gesang große Wirkung und starke Emotionen auslösen kann, auch wenn meine ersten Erfahrungen nichts mit dem professionellen Operngesang zu tun hatten. Ich wurde trotzdem, wie viele meiner Vorfahren ein Bergmann. Ein singender Bergmann - zum Glück! Das Studium an der Krakauer Musikhochschule war der Beginn einer Traumreise. Es folgte die Zeit an der Dresdner Musikhochschule und mir wurde eine zweite Heimat geschenkt. Dann begann die Karriere und die Welt schien mir offen zu stehen. Ich durfte in New York, Madrid, Berlin, Wien, Paris, London, Moskau, Barcelona, Melbourne und in vielen weiteren großartigen Städten auftreten und ich genoss die Schönheit dieser Welt.

Mit der Zeit merkte ich jedoch, dass ich die Ziele, die ich erreichen wollte, erreicht hatte. Mehr und mehr begeisterte mich die pädagogische Arbeit, die schon seit den Studienzeiten in Dresden Teil meines künstlerischen Lebens war. Ich durfte dem schönen Gesang meiner Studierenden zuhören und genoss deren Energie. Manche der Studierenden sangen bereits so gut, dass mein eigener Gesang für mich immer überflüssiger erschien. Ich habe verstanden, dass diese pädagogische Berufung sehr viel Erfüllung bringt und, dass der Erfolg meiner Studierenden mich genauso glücklich macht wie die eigenen Auftritte. Ich bekam die Möglichkeit, mich als Professor zu beweisen. Diese Chance versuche ich mit großer Energie und großem Engagement zu nutzen. Die Hochschule für Musik Theater und Medien Hannover bietet mir die besten Voraussetzungen dieser Aufgabe gerecht zu werden. Die Zusammenarbeit mit meinen hochprofessionellen Kolleginnen und Kollegen, mit denen reger Wissensaustausch besteht und auch Teamteaching gut funktioniert, zeichnet sich immer durch Wertschätzung und große Kollegialität aus.

Ich darf meine Studierende an dieser Universität aufbauen und es begeistert mich, wie erfolgreich viele von ihnen sind. Dafür bin ich sehr dankbar und glücklich!

Durch den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen, die an anderen europäischen Hochschulen tätig sind, stelle ich in den letzten Jahren fest, dass es nicht nur in Hannover, sondern überall schwieriger geworden ist, talentierte KandidatInnen für das Studium zu finden. Woran liegt das? Bei den europaweit angeglichenen und verkürzten Schulsystemen werden die Schüler oft in den weiterführenden Schulen mit der Menge des Lernmaterials überfordert und haben keine Kraft mehr abends zusätzlich noch ordentlich zu üben oder in die nächste größere Stadt zu fahren, um Musikunterricht zu nehmen. Dafür sind aus meiner Sicht auch die Medien verantwortlich, die der Jugend eine utopische Botschaft senden, dass alles Spaß machen muss, und ohne Kraftaufwand eine schnelle Karriere möglich ist. Diese Werte werden den jungen Menschen nicht nur bei so niveaulosen Sendungen, wie „Deutschland sucht den Superstar“ vorgetragen. Immer weniger junge Menschen haben die nötige Strebenskraft und Energie. Diese StudienkandidatInnen gibt es aber! Wie findet man also diese, die Talent haben und die nötigen Voraussetzungen für ein Gesangstudium mitbringen? Die Reputation des Lehrers ist entscheidend! Die Socialmedia-Generation tauscht schneller Informationen untereinander aus als es uns manchmal lieb ist. Es sei denn, die Informationen sind gut und betreffen uns...

Um die nötige Aufmerksamkeit zu bekommen, erfordert es viel Energie, gute Leistungen und starke Präsenz. Deshalb gebe ich jedes Jahr Gesangskurse um möglichst viele neue Talente zu entdecken. Ich sehe diese Tätigkeit als eine gute Möglichkeit der Nachwuchsgewinnung für Hannover und sie ist Teil meiner pädagogischen Strategie. Ich begann im Jahre 2009 meine Lehrtätigkeit in Krakau mit vier polnischen Männerstimmen und ich bemerkte deren Talent, Fleiß und Zielstrebigkeit von Anfang an. Ein Bariton wurde an der Opéra National de Paris und ein Bass an der Staatsoper München engagiert, die zwei anderen bekamen Engagements an polnischen Theatern. Das war ein guter Anfang, und es wurde viel über meine Pädagogik gesprochen. Glücklicherweise sind meine Studierenden nach wie vor erfolgreich, und deswegen stellen sich bei mir immer mehr KandidatInnen vor. Bereits jetzt weiß ich, wer von ihnen für das nächste Studienjahr zu mir kommen möchte. Die meiner Meinung nach Besten bereite ich auf die Aufnahmeprüfung vor. Eine Garantie für einen Studienplatz kann ich allerdings nicht geben. Es sind Sänger verschiedener Nationalitäten. Alle bemesse ich nur nach der vollbrachten Leistung, die dann schließlich über Erfolg entscheidet und nie nach deren Herkunft. Nur die Besten und Außergewöhnlichsten von ihnen können in der heutigen Musikwelt erfolgreich werden. Die Agenten und Intendanten haben hohe Ansprüche, denn auch sie sind abhängig vom Markt und den Erwartungen des Publikums.

Im Unterschied zu den Instrumentalisten, können wir Sänger wesentlich später die musikalische Zukunft ansteuern. Viele lassen sich aber zu viel Zeit und versuchen ihr Studium ohne jegliche Vorbereitung zu beginnen, wie es bei mir nach dem Bergbautechnikum war. Mein damaliges, theoretisches Wissen würde heute für eine erfolgreiche Aufnahmeprüfung nicht ausreichen. Der enorme Zeitdruck, dem auch wir Lehrer ausgesetzt sind und die Erwartungen des heutigen Marktes beeinflussen die Ausbildung sehr. Dazu kommt, dass der Deutsche Bundestag in Folge des sogenannten Bologna-Prozesses im Jahre 2008 den Kunsthochschulen empfohlen hat: "stärker als bisher, ökonomische Prozesse des Kunst - und Kulturbetriebes in die Ausbildung zu integrieren und dieses Feld nicht nur den Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung oder den privaten Betreuungsangeboten zu überlassen". Der Professor wird also mehr und mehr als Manager und Karrierenplaner in die Pflicht genommen. Das bedeutet aber auch, dass die KandidatInnen fürs Studium schon vor der Aufnahmeprüfung gute Wissensgrundlagen mitbringen müssen und nicht nur auf ihr Talent setzen können. Das Talent bleibt aber ohne Zweifel die wichtigste Voraussetzung!

Immer wieder muss ich abschätzen, wie groß die Begabung eines Kandidaten oder einer Kandidatin ist, und ob es für ein Gesangsstudium und eine erfolgreiche Karriere ausreicht. Wichtig für mich erscheint, die Person, die bei mir studieren möchte, möglichst genau kennenzulernen. Dafür nehme ich mir viel Zeit, denn der erste Eindruck kann sich bestätigen, bestätigt sich aber nicht immer. Ob ich schließlich eine Entscheidung für einen Kandidaten oder Kandidatin treffe, versuche ich an verschieden Aspekten festzumachen:

1. Aspekt - die Stimme

Hier versuche ich

  • die außergewöhnlichen Seiten des Timbres des Sängers/der Sängerin zu finden
  • den Umfang der Stimme zu überprüfen
  • den Klang in verschieden Registern, sowie - besonders im Passaggio – die Fähigkeit der Kupplung zu testen
  • die Biegsamkeit der Stimme auszuprobieren (laut-leise, weich-hart, schnell-langsam)

2. Aspekt - die Musikalität

Hinter diesem Begriff steht nicht nur die Fähigkeit, eine musikalische Phrase zu gestalten und mit Ausdruck zu versehen, sondern auch mit Stilsicherheit in der Musik der verschiedenen Epochen den richtigen Ton zu finden. Ich versuche, hier die Breite der Aussagekraft in unterschiedlichen Stilen zu prüfen und die Fähigkeit, sich der Struktur der Kompositionen unterzuordnen und schließlich diese mit Überzeugung vorzutragen. Voraussetzung hierfür ist hohe Empfindsamkeit, Emotionalität und großes Stilgefühl. Eine fundierte ästhetische Prägung sollen sich die Studierenden durch das Vertiefen des Wissens in verschiedenen Fachbereichen während des Studiums aneignen.

3. Aspekt - die Sprache

Schon die KandidatInnen für ein Bachelor Studium sollen ihre Werke in verschiedenen Sprachen vortragen. Hier lege ich großen Wert auf die korrekte Aussprache der gesungenen Texte und die Fähigkeit, die Fehler zu erkennen und zu beheben. Damit tun sich manche KandidatInnen sehr schwer. Opern beruhen aber auf Libretti, Lieder auf Gedichten und Prosa. Diese sollen nicht nur in verschiedenen Sprachen gut ausgesprochen werden, sondern auch der Inhalt muss verstanden und richtig interpretiert werden. Nur so kann man der Struktur der Komposition dienen und schließlich mit dem Affekt des Wortes und stimmlichen Klang die Zuschauer erreichen. Als sehr wichtig empfinde ich die Beherrschung mehrerer Sprachen.

4. Aspekt - Person und Persönlichkeit

Alle Menschen unterscheiden sich voneinander, nicht nur äußerlich, sondern auch mental. Im Unterschied zu den Instrumentalisten steckt das Instrument - die Stimme des Sängers - in seinem Inneren. Der Korpus ist sein Klangkörper. Manchmal kann man das Stimmfach bereits an dem Äußeren des Menschen erkennen. Die Stimme allein reicht für eine erfolgreiche Karriere nicht aus. Der Kandidat muss eine starke Persönlichkeit und eine musikalische Seele haben. Diese bestimmen seine sängerische Identität. Die Persönlichkeit äußert sich in der individuellen Tongebung. Diese wiederum machen einen Sänger unverwechselbar. Die KandidatInnen müssen außerdem sehr fleißig sein und die Fähigkeit des schnellen Lernens besitzen. Die Person und seine Persönlichkeit in Harmonie zu bringen und während des Studiums weiter zu entwickeln, gehört für mich zu den schwersten, aber auch zu den wichtigsten pädagogischen Aufgaben. Wenn ich mich für einen Kandidaten oder eine Kandidatin entscheide und dieser/diese die Aufnahmeprüfung besteht, setze ich mein pädagogisches Konzept sehr individuell ein, welches ich ihnen kurz vorstellen möchte. Mein Konzept wende ich in den verschiedenen Studiengängen mit unterschiedlichen Schwerpunkten an. Da ich von einer langfristigen Entwicklung des Studierenden ausgehe, versuche ich auch die Geschwindigkeit jedem Einzelnen anzupassen.